REZENSION

Mai 2006
Mai 2006
REZENSION

Margriet de Moor: Sturmflut, Gekürzte Lesung von Marlen Diekhoff, HoerbuchHamburg, 2006, Gesamtlaufzeit: 388 Minuten, 5 CD, 29,90 Euro

Margriet de Moor: Sturmflut, Aus dem Niederländischen von Helga van Beuningen, Carl Hanser Verlag, Muenchen 2006, 352 S., 21,50 Euro

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Margriet de Moor verbindet in ihrem neuesten Roman einen historischen Stoff mit einer bravouroese erzaehlten Geschichte ueber zwei Frauenschicksale.

Gnadenlos nuechtern, ja distanziert liest Marlen Diekhoff diese aufwuehlende Geschichte von Leben und Tod. Im Zentrum stehen zwei Schwestern, die sich wie Spiegelbilder gleichen: Armanda und Lidy. Lidy, die aeltere, ist mit Sjoerd verheiratet und hat eine kleine Tochter, Nadja. Armanda, 19 Jahre alt, ist die Patentante eines siebenjaehrigen Mädchens in Zieriksee, einer kleinen Stadt auf Duiveland. So wie jedes Jahr soll sie am 1.Februar ihr Patenkind zum Geburtstag besuchen. Allerdings hat sie wenig Lust dazu und will lieber auf eine Party von Sjoerds Halbschwester gehen. Sie ueberredet Lidy, die gern wiedermal mit dem Auto unterwegs ist, an ihrer Stelle auf die Insel zu fahren. Sie begleitet Lidys Mann und gibt sich so aus Spass als Armanda aus. Ein witziges Schauspiel! Von Anfang an spuert der Zuhoerer jedoch ein Unbehagen. Die Erzaehlende bestaetigt dieses diffuse Gefuehl dann, denn Lidy unternimmt nichts ahnend eine Reise in den Tod. "Wenn ihr jemand gesagt haette, dass sie sich, Nadja fest im Arm, alles noch einmal genau ansehen solle, weil ihr Abschied ein Abschied für immer war, haette sie im Innersten zwar gewusst, dass so etwas jederzeit moeglich ist, im Leben, aber sie haette es nicht geglaubt. Sie war schliesslich erst dreiundzwanzig."

Dieser harmlose, wie verhaengnisvolle Rollentausch ereignet sich vor dem Hintergrund der schicksalhaften Nacht auf den 1. Februar 1953, in der es zum gleichzeitigen Auftreten einer normalen Springflut und eines zusaetzlichen Jahrhundertsturms kam, einer katastrophalen Sturmflut, die in den suedlichen Provinzen Hollands, Zeeland, Zuid-Holland und Nord-Brabant 1835 Menschen das Leben kostete. Ganze Landstriche verschwanden innerhalb von Stunden fuer immer von der Landkarte. Die niederlaendische Schriftstellerin Margriet de Moor komponiert nun fern jeglicher Klischees, die Naturkatastrophe trotz penibler Recherche aller Umstaende als Metapher nutzend, mit grosser literarischer Kraft eine dramatische Geschichte ueber unerfuellte Hoffnungen, hybride Lebensentwuerfe, Gluecksansprueche, ungebaendigte Gefuehle und einen Identitaetentausch, der Armandas gesamtes Leben ueberschatten wird. Sie fuehlt sich schuldig am Schicksal der Schwester. Ambivalente Beziehungen zwischen Geschwistern thematisiert Margriet de Moor nicht zum erstenmal. Armanda wird an die Stelle der Schwester treten, ihre Leben leben - um welchen Preis? Sahen sie sich nicht sehr aehnlich, hatte gleiche Interessen, studierten beide Philologie, begehrte die anwesende nicht den Ehemann der abwesenden Schwester? Kann man so, im Gewand und Lebensraum der verschollenen Schwester froh werden? Innere Monologe der beiden Schwestern, Rueckblenden in die Kindheit und Schilderungen der sich durch das Unwetter stuendlich veraendernden Kueste ziehen den Zuhoerer immer tiefer in die Geschichte hinein. Lidys Handeln in der Schicksalsnacht wird beschrieben (Was haette Armanda an ihrer Stelle getan?), aber auch Armandas Weg durch Jahrzehnte, der immer wieder von Lidys Verschwinden gezeichnet wird.

In einem fast leidenschaftslosen, kuehlen, die Ereignisse sezierenden Ton ist das Erzaehlte stellenweise fast nicht auszuhalten und doch kann man sich kaum entziehen und hoert gebannt bis zur letzten Minute zu.

Belletristik
Anne Chaplet: Sauberer Abgang

Christian Jungersen: Ausnahme

Dagmar von Gersdorff: Die Erde ist mir Heimat nicht geworden

Elke Schmitter: Veras Tochter

Joanna Trollope: Zweiter Fruehling

Karin Alvtegen: Scham

Magdalen Nabb: Eine Japanerin in Florenz

Markus Werner: Am Hang

Nadja Einzmann: Dies und das und das

Nicholas Shakespeare: In dieser einen Nacht

Hoppel-Ich, Meine Fruehlingslektuere, Herausgegeben vom Osterhasen

Paula Fox: Pech fuer Georg

Pia Frankenberg: Nora

Bilderbuecher
Emily Gravett: Achtung, Wolf!

Bilderbuecher - Fussball

Peter Geissler: Fritzi und sein Dromedar

Peter Hacks / Katja Wehner ( Ill.): Prospers Telefon

The Tjong-Khing: Die Torte ist weg!

Thomas Rosenloecher, Jacky Gleich ( Ill.): Das langgestreckte Wunder

Udo Weigelt: Alvina und die fuenf Raeuberhuete

Zeruya Shalev : Mamas liebster Junge

Hoer CD's Belletristik

Margriet de Moor: Sturmflut

Sammy Drechsel: Elf Freunde muesst ihr sein...

Jugendbuecher
Jean-Paul Noziere: total verrueckt
Stephenie Meyer: Bis(s) zum Morgengrauen
Kinderbuch
Hilke Rosenboom: Melissa und die Meerjungfrau

Jennifer Allison: Gilda Joyce in geheimer Mission

Julia Donaldson, Axel Scheffler ( Ill.): Das Riesenmaedchen und die Minipopps

Sally Grindley: Das Maedchen Lu Si-Yan

Sachbuecher

Philip Kiefer: Sammelsurium fuer Kinder

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