REZENSION

Mai 2006
Mai 2006
REZENSION

Biographie

Dagmar von Gersdorff: Die Erde ist mir Heimat nicht geworden,

Insel Verlag, Frankfurt a.M. 2006, 261 S., 19,80 Euro

Nach Catharina Elisabeth Goethe, Lili Schoenemann, Marianne Willemer, Sophie Brentano-Mereau und Ulrike von Levetzow widmet sich die Literaturwissenschaftlerin Dagmar von Gersdorff nun wieder einer Zeitgenossin von Johann Wolfgang von Goethe: Karoline von Guenderrode.

Ueber ihre erste Veroeffentlichung schrieb Goethe 1804: "Diese Gedichte sind wirklich eine seltsame Erscheinung." 1780 geboren, beendet die Dichterin in ihrem 26. Jahr mit einem spitzen Dolch ihr Leben. Von ihrem Geliebten, dem Philologe Friedrich Creutzer, hintergangen, durch die Liebe zu ihm von den Freunden abgeschottet, ohne Vermoegen, ohne sichtbaren literarischen Erfolg konnte und wollte "das Guenderroedchen" nicht mehr zu ihrem alten Leben ins Kronstettische Stift zurueckkehren. "Recht viel wissen, recht viel lernen, und nur die Jugend nicht ueberleben."- das wurde ihr Lebensmotto und dem ist sie treu geblieben. Frueh hat sie ihren geliebten Vater verloren und an den Sterbebetten ihrer Schwestern gesessen. Zur Mutter fand sie nie ein vertrauensvolles Verhaeltnis, eine Fremde fuer sie. Karolline von Guenderrode ist in den gesellschaftlichen Faengen des ausgehenden 18. Jahrhunderts gefangen - Frau, gebildet, ohne nennenswertes Vermoegen. Sie arbeitet an ihrer Vervollkommnung - Christa Wolf nennt es " eine Art Selbstversuch". Eine Sonderregelung gewaehrt ihr kaum volljaehrig den Aufenthalt im Stift, einer Einrichtung, in die sich eigentlich aeltere, mittellose Damen zurueck ziehen. Nur im Traum kann sich die Guenderrode der Sehnsucht nach Unabhaengigkeit hingeben. Ihren Wissensdurst stillen keine Universitaeten. Systematische Selbststudien, der Kontakt zu intellektuellen Freunden und anregenden Freundinnen bilden die Grundlage fuer ihre kuenstlerische Produktivitaet. Mit ihrer wohl engsten Freundin Bettine von Brentano, 1840 wird sie ihre Erinnerungen an Karoline von Guenderrode veroeffentlichen, reist sie in Gedanken nach Aegypten und Italien. Die festgesteckten Grenzen kann sie nur in der Fantasie, in ihren Gedichten ueberschreiten. "Ich erschaff mir eine andere Welt." Dabei konnte die Dichterin sich nicht vor Verleumdungen schuetzen, trotz weiblicher Ausstrahlung, sie war eine grosse, schlanke Erscheinung, wurden ihr " maennliche Neigungen " vorgeworfen. Sie tauge nicht zur Ehefrau, wurde scheinheilig behauptet und ihre finanzielle Mittellosigkeit war letztendlich auch der Grund fuer Creutzers unverzeihlich feigen Rueckzug. In den Lebenserinnerungen Creutzers, den die Guenderrode den " Heiligen ", " Frommen " nannte, wird sie nicht mit einer Silbe erwaehnt.

Dagmar von Gersdorff spekuliert nicht, zieht keine unhaltbaren Schluesse, sondern schildert eindrucksvoll den tragischen Lebensweg der Karoline von Guenderrode. Sie laesst die Briefe der Dichterin sprechen, aber auch die der wichtigsten Frauen, wie Maenner in ihrem Leben - Friedrich Carl von Savigny, Clemens Brentano und Friedrich Creutzer, um Geschehenes zu beleuchten. Die Autorin analysiert Schreibanlaesse und bedenkt grundlegende Zusammenhaenge zwischen innerer Biographie, Literatur und Gesellschaft. In ihrer einfuehlsamen Lebensdarstellung der Guenderrode folgt sie den Spuren dieser jungen Frau, die kompromisslos wie sie war, scheitern musste.

" Der Schatten eines Traumes" - so formulierte Karoline von Guenderrode ihr eigenes Schicksal im praegnanten Bild.

Belletristik
Anne Chaplet: Sauberer Abgang

Christian Jungersen: Ausnahme

Dagmar von Gersdorff: Die Erde ist mir Heimat nicht geworden

Elke Schmitter: Veras Tochter

Joanna Trollope: Zweiter Fruehling

Karin Alvtegen: Scham

Magdalen Nabb: Eine Japanerin in Florenz

Markus Werner: Am Hang

Nadja Einzmann: Dies und das und das

Nicholas Shakespeare: In dieser einen Nacht

Hoppel-Ich, Meine Fruehlingslektuere, Herausgegeben vom Osterhasen

Paula Fox: Pech fuer Georg

Pia Frankenberg: Nora

Bilderbuecher
Emily Gravett: Achtung, Wolf!

Bilderbuecher - Fussball

Peter Geissler: Fritzi und sein Dromedar

Peter Hacks / Katja Wehner ( Ill.): Prospers Telefon

The Tjong-Khing: Die Torte ist weg!

Thomas Rosenloecher, Jacky Gleich ( Ill.): Das langgestreckte Wunder

Udo Weigelt: Alvina und die fuenf Raeuberhuete

Zeruya Shalev : Mamas liebster Junge

Hoer CD's Belletristik

Margriet de Moor: Sturmflut

Sammy Drechsel: Elf Freunde muesst ihr sein...

Jugendbuecher
Jean-Paul Noziere: total verrueckt
Stephenie Meyer: Bis(s) zum Morgengrauen
Kinderbuch
Hilke Rosenboom: Melissa und die Meerjungfrau

Jennifer Allison: Gilda Joyce in geheimer Mission

Julia Donaldson, Axel Scheffler ( Ill.): Das Riesenmaedchen und die Minipopps

Sally Grindley: Das Maedchen Lu Si-Yan

Sachbuecher

Philip Kiefer: Sammelsurium fuer Kinder

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