REZENSION

Mai 2006
Mai 2006
REZENSION

KRIMI

Die Reihe Piper Nordiska wird zweimal jaehrlich je fuenf Romane skandinavischer Autoren in deutscher Uebersetzung herausbringen. Eine Neuerscheinung ist:

Christian Jungersen: Ausnahme, Piper Verlag, Muenchen 2006, 672 S., 23,90 Euro

Nordische Kriminalliteratur muss man nicht anpreisen, sie hat mit vielen klangvollen Namen bereits einen festen Platz in den Buchregalen. Der daenische Autor Christian Jungersen ist ein neues Gesicht in der Szene und sein dickleibiger Debuetroman " Ausnahme " eine wahre Entdeckung.

Iben, Malene, Anne-Lise und Camille - vier Menschen machen sich nach und nach das Leben zur Hoelle, eine wird sterben. Das ist in Kuerze die Fabel des Romans. Diese vier Menschen werden Tag fuer Tag mit den schlimmsten Verbrechen, dem Voelkermord, ob in Ruanda, der Sowjetunion, der Tuerkei oder dem Holocaust konfrontiert. Doch wie verkraftet man diese Themen? Wie wirkt sich das Wissen um diese menschlichen Horrortaten auf den normalen Alltag aus? Alle vier Frauen betrachten die Ereignisse aus ihrer Sicht und schildern ihre Beobachtungen, Empfindungen und Erlebnisse. Doch was ist das Boese? Tritt es hervor, wenn ein ganz normaler Mann am Tag hunderte Menschen mordet, nur weil sie einer anderen ethnischen Gruppe angehoeren, um dann am Abend friedlich zu seiner Familie zurueck zukehren? Taucht das Boese auf, wenn aus egoistischen Motiven Menschen andere gnadenlos mobben? Jemand hat gesagt: Je mehr man in den Abgrund schaut, um so mehr schaut der Abgrund in einen selbst. Unheilvoll beginnt die Geschichte mit einer Geiselnahme in Afrika, die die junge Mitarbeiterin Iben durchstehen muss. Sie arbeitet mit ihrer Freundin Malene, die ihr diesen lukrativen Job besorgt hat, in Kopenhagen im Daenischen Zentrum fuer Information ueber Voelkermord. Iben und Malene sind Anfang dreissig, aufeinander eingespielt und beste Freundinnen. Zum Kreis des kleinen Teams gehoeren weiterhin der Institutsleiter Paul, der aber eher durch Abwesenheit glaenzt, Camilla, die Sekretaerin und Anne-Lise, die neue Bibliothekarin. Immer kreisen die spekulativen Gedanken von Iben und Malene um den Fortbestand und die Finanzierung des Instituts. Malene leidet an einer fortschreitenden Rheumaerkrankung und versucht sich gerade aus diesem Grund, im Institut unentbehrlich zu machen. Anne-Lises Einstellung und ihre Verbesserungsvorschlaege nebst Arbeitseifer sind ihr ein Dorn im Auge. Klammheimlich beginnt Malene in stillem Uebereinkommen mit Iben eine freundlich getarnte Mobbingaktion gegen Anne-Lise, die an diesen Attacken fast zerbricht. Immer bedrohlicher wird das Szenario, in das der daenische Schriftsteller Christian Jungersen den Leser hineinzieht, der zum einen detailversessen bis zum Unertraeglichen aus Studien ueber Genozide zitiert, zum anderen minitioes einen Mobbingfall schildert. Hinzu kommt, dass bei Iben, Malene und Camilla Mails eintreffen, die ihr Leben bedrohen. Schnell rekonstruieren die Mitarbeiter ihre bisherigen Taetigkeiten und fischen im Dunkeln. Natuerlich liegt es nahe Anne-Lise zu beschuldigen. Malene bittet ihren Freund Rasmuss den Mails nachzugehen und den Adressaten zu erkunden. Der serbische Kriegsverbrecher Zigic koennte hinter den Drohungen stecken. Alles laeuft aus dem Ufer als eines Tages Ibens schrecklichste Fantasien Wahrheit werden und der gefuerchtete Zigic vor ihr steht.

Psychologisch gut erzaehlt, versetzt sich Jungersen in seine vier Protagonistinnen, schildert ihr Privatleben, ihre Wuensche, Hoffnungen und vor allem ihr berufliches Dasein im Institut. Er zeigt auf verblueffende Weise, wie ambivalent und widerspruechlich das Boese auch in den sogenannten "guten" Menschen tief verborgen ist.


Belletristik
Anne Chaplet: Sauberer Abgang

Christian Jungersen: Ausnahme

Dagmar von Gersdorff: Die Erde ist mir Heimat nicht geworden

Elke Schmitter: Veras Tochter

Joanna Trollope: Zweiter Fruehling

Karin Alvtegen: Scham

Magdalen Nabb: Eine Japanerin in Florenz

Markus Werner: Am Hang

Nadja Einzmann: Dies und das und das

Nicholas Shakespeare: In dieser einen Nacht

Hoppel-Ich, Meine Fruehlingslektuere, Herausgegeben vom Osterhasen

Paula Fox: Pech fuer Georg

Pia Frankenberg: Nora

Bilderbuecher
Emily Gravett: Achtung, Wolf!

Bilderbuecher - Fussball

Peter Geissler: Fritzi und sein Dromedar

Peter Hacks / Katja Wehner ( Ill.): Prospers Telefon

The Tjong-Khing: Die Torte ist weg!

Thomas Rosenloecher, Jacky Gleich ( Ill.): Das langgestreckte Wunder

Udo Weigelt: Alvina und die fuenf Raeuberhuete

Zeruya Shalev : Mamas liebster Junge

Hoer CD's Belletristik

Margriet de Moor: Sturmflut

Sammy Drechsel: Elf Freunde muesst ihr sein...

Jugendbuecher
Jean-Paul Noziere: total verrueckt
Stephenie Meyer: Bis(s) zum Morgengrauen
Kinderbuch
Hilke Rosenboom: Melissa und die Meerjungfrau

Jennifer Allison: Gilda Joyce in geheimer Mission

Julia Donaldson, Axel Scheffler ( Ill.): Das Riesenmaedchen und die Minipopps

Sally Grindley: Das Maedchen Lu Si-Yan

Sachbuecher

Philip Kiefer: Sammelsurium fuer Kinder

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