REZENSION |
Mai 2006 | |||||||||||||||||
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Belletristik Karin Alvtegen: Scham, Übersetzt von Dagmar Lendt, Wunderlich im Rowohlt Verlag, Reinbek 2006, 352 S., 19,90 Euro Als ehemalige Krankenschwester in der Psychiatrie kann Karin Alvtegen auf beruflich fundierte Erfahrungen zurueckgreifen, die ihr Schreiben sicher beeinflussen. Und so schaut sie tief in die Seelen zweier Menschen, die Scham und Schuld empfinden fuer Handlungen, die sie lebenslang quaelen werden. Monika, Ende 30, erfolgreiche Chefaerztin verschanzt sich hinter ihrer Professionalitaet. Erst in Gegenwart der ewig trauernden Mutter ist sie wieder das Kind, das nicht genuegt, um Anerkennung kaempft, aber immer ohne Aussichten auf Erfolg. Vor ueber 20 Jahren kam Lasse, Monikas charismatischer Bruder, bei einem Hausbrand ums Leben. Monika haette ihn warnen koennen. Nur wenige Schritte waeren noetig gewesen. Ihre Feigheit und Selbstsucht kann sie sich bis heute nicht verzeihen. Nie konnte sie darueber reden. „Niemand hatte je in die Naehe des Kerns kommen duerfen, in dem die kleine Monika wohnte und sorgsam all ihre Aengste verbarg." Es ist die klassische Konstellation: Die Mutter liebt den Sohn mehr als die Tochter und das tote Kind erdrueckt das der Lebenden. Maj-Britt, gut 15 Jahre aelter als Monika, ist die „fette Schreckschraube", die seit 25 Jahren ihre Wohnung nicht mehr verlassen hat. Der Sozialdienst kuemmert sich um die verbiesterte, jeden bewusst kraenkende Alte. Nur die lebensfrohe, mitteilsame Ellinor laesst sich nicht von Maj-Britts unflaetigen Attacken beeindruecken. Sie spuert, dass Maj-Britt etwas Schweres in sich traegt, mit masslosem Essen ihren Koerper derart verunstaltet, dass niemand ihn ansehen noch anfassen moechte. „..sich voll zu stopfen, um zum Schweigen zu bringen, was in ihr schrie." Der erste Brief einer Freundin aus der Vergangenheit lueftet Maj-Britts psychische Probleme, oeffnet langsam Schleusen, die bisher verschlossen waren. In ihren Erinnerungen kehrt die unsichere, wie lebensunfaehige Frau zu schmerzlichen wie gluecklichen Tagen zurueck. Ihre strenge religioese Erziehung konnte ihre Wuensche nach Liebe und Geborgenheit nicht verhindern, doch die Scham und die Schuldgefuehle ueber ihre sogenannte "Selbstbefleckung" haben sich tief eingebrannt. "Sie hatte gebetet und gebetet, aber niemals ihren Glauben teilen dürfen, Gott hatte ihre Gebete nicht gewollt. Sie hatte alles aufgegeben, um ihren Gehorsam zu zeigen und von seiner Liebe umfangen zu werden, aber Er hatte niemals geantwortet. Niemals mit einem einzigen Wort, einem einzigen Zeichen zu erkennen gegeben, dass Er zuhörte, dass Er ihren Kampf und ihr Opfer anerkannte. Er schwieg sie zu Tode, weil sie es nicht wert war. Er hatte sie abgewiesen und sie einsam mit ihren schmutzigen Gedanken zurückgelassen." Karin Alvtegen ( 1965 geboren, die Großnichte von Astrid Lindgren) laesst den Leser in tiefe, menschliche Abgruende blicken. Beide Figuren begehen aus Selbstschutz, Kraenkung und Mutlosigkeit einen Fehler nach dem anderen. Am Ende werden sie sich auf verhaengnisvolle Weise ( etwas zu konstruiert) kennenlernen und doch nicht wissen, was sie eigentlich verbindet. Unaufgeregt und doch den Leser beruehrend erzaehlt die schwedische Autorin von unterschiedlichen Schicksalen. Die beiden Frauen analysieren genauestens ihre Lebenssituation und bleiben doch hilflos. Maj-Britt und Monika versagen sich die Aussicht auf ein sinnvolles Dasein, um sich immer mehr zu zerstoeren, in dem Glauben, so den Schuldgefuehlen zu entkommen. Tragisch - waeren da nicht doch Menschen, die helfen koennten.
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Belletristik | ||||||||||||||||||
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