content-tv.com
WINTER 2006

REZENSION

WINTER 2006
REZENSION
Belletristik

.Belletristik

Anna Enquist: Letzte Reise, Übersetzung von Hanni Ehlers, Luchterhand Verlag, 2006, 414 Seiten, 21.95 Euro

“Sie bewegten sich in getrennten Welten, mochten sie sich auch noch so sehr anstrengen, einander zu erreichen. Sie verfolgten, was der andere tat, hielten von Zeit zu Zeit inne, um einander anzusehen und aufeinander zuzugehen, stiessen aber auf einen unsichtbaren Zaun.”

So beschreibt Anna Enquist die wenigen Momente, in denen James Cook und seine Frau Elisabeth, trotz Liebesheirat, sich nach den Jahren der Trennung begegnen. 1775, zu Beginn des Romans, ist Elisabeth Cook 32 Jahre alt. Anna Enquist begleitet ihre Protagonistin durch ein wechselvolles Leben bis zu ihrem Tod im hohen Alter von 94 Jahren. In Rueckblenden und Erinnerungen erzaehlt die niederlaendische Autorin, wie James Cook, der beruehmte Kapitaen, Kartograph, Navigator und Weltreisende die junge, lebenskluge Elisabeth kennengelernt und sie ihr gemeinsames Leben gestalten wollten. Aber sie schildert auch aus der Innensicht der Hauptfigur das einsame Dasein einer alleinerziehenden Seemannsfrau in London, die alle Schicksalsschlaege, wie den Unfalltod der Tochter Elly ohne Beistand verkraften muss. Sechs Kinder verliert Elisabeth im Laufe ihres Lebens. Keines stirbt durch einen natuerlichen Tod. Anna Enquist fuehlt sich in den Alltag Elisabeths ein, beschreibt die wenigen gesellschaftlichen Kontakte, die kontraehen Entwicklungswege der beiden aelteren Soehne, die Bewirtschaftung von Haus und Garten in London. Nun nach der zweiten Weltumsegelung, immerhin sieht Elisabeth in den letzten 11 Jahren ihren Mann nur 12 Monate, den Erfolgen, der langen Trennung von James und Nat erwartet Elisabeth, das ihr Mann sesshaft wird. Eine gutbezahlte Stelle wird in Aussicht gestellt und die starke, wie einsame Elisabeth hofft, dass ihr Mann der See fuer immer den Ruecken kehren wird. Der Leser ahnt sehr frueh, dass sich James Cook an Land unwohl fuehlt, seine Bestimmung ist das Meer. Er wird auch eine dritte und letzte Reise antreten, um entlang der amerikanischen Kueste allerdings erfolglos einen Nordweg zu suchen. Wieder entdeckt er eine Insel, Haitii. Sie wird 1779 der Ort seines gewaltsamen Todes werden.

Anna Enquist fasziniert den Leser durch ihre psychologisch genaue Beschreibung dieser anfaenglich sehr gluecklichen Ehe. Alle historischen Details geben aber auch einen Einblick in die Welt des Seefahrers Cook: in die Enge an Bord der englischen Entdeckerschiffe, James Cooks Bemuehungen, die Mannschaft vor Skorbut zu schuetzen und den Raenkespielen der Akademiker vor und hinter den Kulissen, um den Ruhm der Reisen einzuheimsen. James Cooks einmalige Karriere vom Jungen aus einer bildungsfernen, aermlichen Schicht zum beruehmten Weltenentdecker ist beeindruckend. Elisabeth unterstuetzt ihren Mann in jeder Hinsicht und versucht mit wenig Erfolg, ihm all seine Zweifel an seiner Stellung zu nehmen.

In seinem Schatten jedoch gewaehrt diese packende Geschichte auch einen Einblick in die langen Jahre einer Frau, die sich allein durch alle Hoehen und Tiefen des Familienlebens schlagen muss. Anna Enquist schildert in einer poetischen, wie lakonischen, aber immer anteilnehmenden Sprache die Lebenswege zweier unterschiedlicher Menschen.

Und um einen Satz von Anna Enquist zu adaptieren: Es ist ein Roman, in den man einsteigt wie in ein Boot.



Anna Enquist: Letzte Reise

Anne Fine: Feuer und Asche

Barbara Honigmann: Ein Kapitel aus meinem Leben

Dara Horn: Die kommende Welt

Leonardo Padura: Adios Hemingway

Linn Ullmann: Ein gesegnetes Kind

Margaret Forster: Ein Zimmer, sechs Frauen und ein Bild

Peter Stamm: An einem Tag wie diesem

Richard Powers: Das Echo der Erinnerung

Tim Parks: Stille

Bilderbuecher
Arthur Geisert: Licht aus!

Emmanuelle Houdart: Die Monster sind krankl

Jutta Treiber, Jens Rassmus ( Ill.): Der Grossvater im rostroten Ohrensessel

Katrina Lange: Eins und sonst keins

Michael Rosen, Quentin Blake ( Ill.): Mein trauriges Buch

Ulf Nilsson, Eva Eriksson (Ill.): Die besten Beerdigungen der Welt

FILM

Ab durch die Hecke, USA

Das Haus am See, USA 2006

Der tierisch verrueckte Bauernhof ( The Barnyard), USA

Lucas, der Ameisenschreck, USA, 2006,

Oh, wie schoen ist Panama, Deutschland

TKKG, Das Geheimnis um die raetselhafte Mind-Machine

Hoer CD's Belletristik

Anne Tyler: Im Krieg und in der Liebe

Philip Roth: Jedermann

Marco Simsa praesentiert: Mit Gesang und Himmelsklang, Johann Sebastian Bach fuer Kinder

Jugendbuecher
David Klass: Wenn er kommt, dann laufen wir

Julie Anne Peters: Luna

Mirijam Guenter: Die Ameisensiedlung

Kinderbuch
Hilke Rosenboom, Franziska Harvey ( Ill.): Das Handbuch fuer Prinzessinnen

Jonathan Stroud: BARTIMAEUS

Kirsten Boie: Der kleine Ritter

Martha Heesen: Marie und der Himmel auf Erden

Sabine Ludwig: Hilfe, ich hab meine Lehrerin geschrumpft

Sabine Neuffer: Das Papa-Projekt

Sally Prue: Elfenhauch

Sharon Creech: Glueck mit Sosse

PIRATEN - Buecher, CD-ROM, Spiele

Sachbuecher

Mario Giordano: Emil Nolde fuer Kinder

Rosie Dickins: Kunst - Ein Entdeckerbuch fuer Kinder

Axel Hacke, Michael Sowa ( Ill.): Der kleine Erziehungsberater

Monika Osberghaus: Schau mal! 50 beste Bilderbuecher

Sabine Boehme: Von Keilschriften, Drachen und einer babylonischen Stadt voller Weltwunderer

content-tv.com