SUMMER 2005 |
REZENSION |
BELLETRISTIK | ||||||
Joanna Trollope: Bruder & Schwester, Bloomsbury Berlin, Aus dem Englischen von Angelika Kaps, 22 Euro Nathalie und David sind Bruder und Schwester, allerdings nicht leibliche Geschwister, sondern Adoptivkinder, die bei Lynne und Ralph aufgewachsen sind. Nathalie, die aeltere, gibt nach wie vor den Ton in der engen Geschwisterbeziehung an. Bis zu dem Tag, an dem ihrer fuenfjaehrigen Tochter Polly eine Ohrenoperation, es koennte ein erbliches Leiden sein, bevorsteht, hat Nathalie das Thema Adoption aus Selbstschutz verdraengt. Sie konnte sozusagen aus dem Nichts ohne Einfluesse zu dem Menschen werden, der sie werden wollte. Sie konnte die Karten mischen und selbst entscheiden - ohne Familienvergangenheit, ohne Identitaetsprobleme. Doch ploetzlich taucht Sasha auf, eine Frau, die ueber persoenliche Identitaet eine wissenschaftliche Arbeit schreibt und Nathalie befragen moechte. Nathalie bemerkt, dass sie wie immer ihre zurechtgezimmerte Lebensluege auftischt. Aber durch die Krankheit ihrer Tochter scheint in Nathalie eine Saite zum Klingen zu kommen, die sie bisher nicht hoeren wollte. Sie beschliesst sich auf die Suche nach ihrer wahren Mutter zu begeben und David soll ebenfalls mit ihr gemeinsam diesen Schritt in die Vergangenheit antreten. Behutsam informieren die beiden ihre Adoptivmutter und stossen auf Unverstaendnis und Ablehnung. Nathalies Lebenspartner Steve und Davids bodenstaendige, kanadische Ehefrau Marnie geraten ebenfalls in Lebenskrisen und muessen sich den Veraenderungen stellen. Das Finden der leiblichen Muetter ist kein grosses Problem, die Kontaktaufnahme gestaltet sich schon schwieriger. Die Konfrontation mit den leiblichen Muettern von Nathalie und David wird nicht spektakulaer erzaehlt. Joanne Trollopes ruhiger Erzaehlton vermitteln das Brodeln in grundsaetzlich allen Beziehungen, die sich mit den neuen Lebensumstaenden, den neuen Verhaeltnissen vertraut machen muessen. Das Nachforschen von David und Nathalie veraendert beider Lebenspartnerschaften. Die Suche nach der eigenen Identitaet foerdert Konflikte zu Tage, die existentiell werden. Joanna Trollope schildert sensibel und praezise die verschiedenen Charaktere und ihren Umgang mit den neuen Lebenssituationen.
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