SUMMER 2005 |
REZENSION |
KINDERBUCH | ||||||
Gennifer Choldenko: Tuer an Tuer mit Al Capone, Cecelie Dressler Verlag, Hamburg 2005, 13,90 Euro " Freitag, 4. Januar 1935 Heute bin ich auf einen 12 Hektar grossen, zubetonierten Felsen gezogen, der mit Vogelscheisse bedeckt ist und mitten aus dem Wasser ragt." Alcatraz ist eine Gefaengnisinsel unweit von San Franzisko. Hier sitzt der beruechtigte und wohl bekannteste Mafiaboss aller Zeiten Al Capone seine Strafe ab. Matthew Flanagan, auch kurz Moose genannt, ist nicht besonders begeistert davon, dass sein Vater nun als Gefaengniswaerter und Elektriker hier arbeitet, die Mutter als Klavierlehrerin unterwegs ist und sich sein Leben und das seiner behinderten Schwester Natalie sehr veraendern wird. Als er die Kinder der Insel kennenlernt und zum erstenmal mit der selbstbewussten Piper Williams, der Tochter des Gefaengnisdirektors Bekanntschaft macht, wird ihm auch nicht wohler. Pipers Abenteuerlust, ihre halbkriminelle Seite, ihr pfiffiger Geschaeftssinn und vor allem ihre Affinitaet zu den Gefangenen schildert Gennifer Choldenko auf sehr komische Weise, besonders als das Maedchen Al Capones Mutter kennenlernen will. Aber Piper macht Moose das Leben auch wirklich schwer, denn all ihre Plaene haben natuerlich immer mit dem anruechigen Flair der Insel zu tun, die auf Festlandbewohner eine ungeheure Anziehungskraft ausuebt. Ausserdem hat Moose in Scout endlich einen Baseballfan gefunden, mit dem er wunderbar spielen koennte, waere da nicht Natalie, die mit ihren 16 Jahren noch beaufsichtigt werden muss. Alle Verantwortung bleibt an Moose haengen, der eigentlich nur in die Schule gehen will und mit einem Freund Baseball spielen moechte. Schnoerkellos erfaehrt der Leser aus der Sicht des 12-Jaehrigen vom normalen Leben eines Jungen, der Tuer an Tuer mit Schwerverbrechern lebt, die nicht mal sichtbar sind und trotzdem das Leben der Inselbewohner beeinflussen. Im Laufe der fiktiven Geschichte richtet sich die Aufmerksamkeit des Lesers immer mehr auf die autistisch veranlagte Natalie, die Moose aus den Augen verliert und dann Hand in Hand mit einem Straefling erwischt. Hinzu kommen noch die Sorgen der Eltern mit diesem schwierigen Kind und ihre Hoffnung, sie auf eine spezielle Schule, die auf ihre Behinderung eingehen wuerde, zu schicken. Welch wichtige Rolle Al Capone in dieser Geschichte spielt, wieder hat Piper ihre Finger im Spiel, ist wirklich lesenswert, denn Gennifer Choldenko schreibt leicht, mit ironischem Augenzwinkern und vor allem mit einem umwerfend trockenen Humor, der ja in Kinderbuechern selten vorkommt.
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